Sagen

Die Enzjungfrau

Der Neuenbürger Schloßberg trägt auf seinem Rücken, in dem Wäldchen hinter dem Schloß versteckt, die Reste der alten Burg: dicke Mauern aus Buckelquadern, ein Stück des Burggrabens und den dachlosen Bau eines ehemaligen Kornspeichers, in dem jetzt schlanke Bäume schatten. In dem Bergwald jenseits der Enz liegen die spärlichen Überreste der „Raubburg“ heute auch Waldenburg genannt.
Von diesen Ruinen weiß die Sage folgendes zu berichten: Der Mörtel beider Burgen ist mit Wein angemacht und deshalb das Gemäuer von großer Festigkeit. Von der einen Burg zur anderen führte vor Zeiten ein unterirdischer Gang, dessen Türen jetzt verschüttet sind. In ihm liegt ein Schatz, den ein schneeweißes Fräulein, die Enzjungfrau hütet. Zuweilen sieht man sie abends von der Raubburg über die Schlößleinsbrücke  auf das 

Sagen

Die Sagen und Geschichten 
entstammen dem Neuenbürger Heimatbuch
1. Heft: Sagen der Heimat von Schulrat Fr. Keck:


Leider wird dieses Buch nicht mehr verlegt und ist nur noch im Antiquariat erhältlich. Es wurde von der E. Meehschen Buchdruckerei (D. Strom) in Neuenbürg /Württ. verlegt. Das Büchlein enthält viele Sagen und Geschichten aus unserer Region. Das neue “Neuenbürger Heimatbuch” ist ein völlig anderes.

 


alte Schloß gehen, wo auch ein mitternächtliches Licht  umwandelt und bis an die Enz herabkommt. In dieser sah einst ein Birkenfelder Mann einen weißen Schwan heran schwimmen und warf ihm drei Brocken Brot zu.  Da verwandelte sich der Schwan in die Enzjungfrau, die in einem Schifflein von lauterem Golde saß und zu dem Manne sagte: er solle in der nächsten Nacht um zwölf Uhr auf das alte Schloß kommen, dort den Stein, welche sie ihm beschrieb, beiseite schieben, und in das Gemach darunter steigen. Dort werde er einen guten Fund tun. Zur bestimmten Zeit war der Mann auf der Burg, wälzte den Stein weg und öffnete dadurch den Zugang zu einer langen Treppe, die in das Gemach hinabführte. Darin brannte ein Licht, an der Wand stand ein Menschengerippe mit einem Halseisen angekettet, und dabei auf dem Boden ein Topf, worin drei weiße Kirschkerne lagen. Weiter konnte der Mann nichts entdecken und ging deshalb unzufrieden nach Hause, wo er seinem Nachbarn alles erzählte. Von diesem wurde ihm geraten, die Kirschkerne, welche wahrscheinlich Gold seien, zu holen. Aber als er es in der nächsten Nacht tun wollte, konnte er weder den Stein, noch den Eingang wieder finden.
Manche behaupten, die Kirschkerne würden, wenn der Mann sie genommen, sich in drei Schlüssel verwan-delt haben. So hätte er den Gang aufschließen, den Schatz gewinnen und das Fräulein erlösen können.
Nach B. Baader


Die “Haubitze”

Auf der Neuenbürger Schlosssteige geht in der Geisterstunde zwischen dem Friedhof der St. Georgskirche und dem „Schloßwäldle“ Ein Gespenst um, die „Haubitze“ genannt. Hinter diesem vom Volksmund entstellten Namen verbirgt sich eine ehemalige Neuenbürger Schlossherrin.: die Gemahlin des weiland Obervogts und Reichsgrafen Christoph von Haugwitz, dem die sogenannte „Christophsburg“ oder das „Haugwitzschlößle“ zu eigen gehörte.

Von dieser Schlossbehausung ist keine Spur mehr vorhanden, schon nach dem dreißigjährigen Kriege war sie „gar im Abgang und viel darum eingefallen“. Nur die „Schlößlesmühle“, die „Schlößlesbrücke“ und die „Schlößleswiesen“ haben das Andenken an den ehemaligen Edelsitz wach gehalten.

Der Name des Besitzers aber lebt verhüllt noch in der gefürchteten „Haubitze“ (= Haugwitzin) fort. Nach der Sage hatte der Obervogt eine Gemahlin, die aus der Lausitz (oder aus Schlesien) stammte. Sie nahm ihrem Eheherrn das Versprechen ab, sie dereinst nach ihrem Ableben im geweihtem Boden ihrer Heimat zu bestatten. Weil das nicht geschehen sei, finde sie im Grabe keine Ruhe und gehe seither am Schlossberg um. Im „Schloßwäldle“ soll noch ein Denkstein an sie erinnern. Er steht zwischen drei Fichten und trägt die Inschrift: L. R. v. H. = Luise Reichsgräfin von Haugwitz. 
Nach Fuchs

 

Der Neuenbürger Geisterspuk

Im Jahre 1780, also drei Jahre vor dem großen Stadtbrande, erregte eine unheimliche Geschichte in Neuenbürg großes Aufsehen. Schon längere Zeit wurde gemunkelt, in dem Hause des Hafners Johann Jacob Emmendörfer, das an Stelle der Vesterschen Küferei stand, sei es nicht geheuer. Man wollte um das Haus und in den Fenstern oft eine unnatürliche Helle gesehen haben. Es blieb zunächst bei den dunklen Gerüchten, die im Städtlein die Runde machten. Aber schließlich sah sich der Meister im genannten  Jahr gezwungen, selbst Anzeige beim Oberamt zu erstatten.
Schon seit etwa dreißig Jahren würden von ihm, seiner Frau und seiner Tochter die Geister beobachtet. Es seien ihrer in der Hauptsache drei: ein Mann von etwa vierzig Jahren in rotbraunem Rock und mit Samtkappe, ein Jüngling von zwanzig Jahren in Müllerkleidern, und ein Mädchen von ungefähr acht Jahren. Sie hätten zwar noch niemand ein Leid zugefügt, aber die Aufregung im Hause werde täglich größer, besonders bei seiner Tochter, die einmal nach Karlsruhe verbracht, auch dort belästigt worden sei. Am hellen Tage stünden sie oft neben ihm, dem Meister, kein Geselle wolle mehr bleiben. Meist erschienen sie aber des Nachts, kämen an die Betten, beteten, seufzten und stöhnten. Hin und wieder höre er seinen Namen rufen, höre sie rumoren und Türen und Fenster zuschlagen. Besonders unruhig sei es an den hohen Festtagen. Einmal, in der Nacht auf den Dreifaltigkeitstag, sei er mehrmals gerufen worden. Er sei aufgestanden und habe die Stubentüre offen gesehen. Unter dieser sei eine hohe Truhe gestanden, in die sich gerade ein großer Mann in priesterlichem Gewand hineingebeugt habe und aus der allerlei silberne und goldene Kostbarkeiten herausgeschimmert hätten. Als er bemerkt worden sei, habe ihn der Mann hineinziehen wollen, allein er habe sich davon gemacht.

Frage man die Geister, was sie eigentlich wollten, so gäben sie nie eine Antwort, sondern winkten bloß, ihnen in den Garten hinaus zu folgen. Fange man an zu fluchen, so weinten sie wie Kinder. Einmal sei er, der Meister an seiner Drehscheibe gesessen, da habe es unter ihm angefangen zu graben und zu poltern, und ein plötzlicher Stoss habe ihm den Lehm von der Scheibe geworfen. Beim Nachgraben an der Stelle sei er auf etwas Hartes gestoßen, er habe dann aber nicht gewagt, damit fortzufahren.
Auf Veranlassung des Oberamtmanns erboten sich nun einige beherzte Männer, in dem Hause zu wachen. Aber nur einem von ihnen war es vergönnt,
„a bißle ebbes“ zu sehen und zu hören. Trotzdem soll das Treiben der Geister nachher noch toller geworden sein, bis das Haus kurz darauf abgebrochen wurde. Danach ist nichts mehr bemerkt worden.

Nach Fuchs


Allerlei Gespenster

Bei Arnbach  wurde ehemals der „Batscher“ gesehen, ein kleines buckliges Männlein, das nach seinem Tode „laufen“ musste. Es soll bei Nacht schon die Leute erschreckt haben; besonders wurde den Kindern früher gedroht, wenn sie nicht gehorchen wollten: Wart nur, der Batscher kommt! – ähnlich wie man andewärts die kleinen Kinder mit dem „Nachtkrabb“ (Nachtraben) einschüchtert. 
Nach Plenske

Ein anderes Gespenst geht zwischen Schwann und der Wilhelmshöhe  bei Neuenbürg. Eine junge Dirn musste einmal in ihrer Mutter Auftrag bei Nacht nachPforzheim gehen. Es war mondhell, und ohne Angst machte sie sich auf den Weg. Beim Güterwäldle sah sie auf einmal ein Stück weit vor sich jemand schreiten, Sie freute sich schon, einen Weggenossen gefunden zu haben, und ging rascher, ihn einzuholen. Aber die Gestalt hatte es nun auch eilig und war trotz aller Anstrengung nicht zu erreichen. Auf der Wilhelmshöhe sah das Mädchen zu seinem Schrecken, daß es ein Mann ohne Kopf war. Er verschwand im Walde, dort, wo der Arnbacher Stein steht und wo in der Nähe vorzeiten die Neuenbürger Richtstätte lag. Betend und in großer Angst lief die Dirn nach Birkenfeld, wo sie sich bei Bekannten von ihrem Schrecken erholte. Als sie abends nach Hause kam, saß gerade der alte „Schraftahansade“ in ihrer Mutter Stube. Der sagte, als er die Geschichte gehört hatte: „Dir ist es gerade gegangen, wie dem Hetschmannsberger, einem Jäger von Schwann. Der sah einmal auf dem Anstand einen Hirsch; aber als er schießen wollte, konnte er nicht: dreimal legte er an, aber dreimal verfehlte das Gewehr. Denn der Hirsch war ein Geist, derselbe, den du heute als Mann ohne Kopf gesehen hast. 
Nach Ruppert

 

Der ewige Jäger

Im Buhwald bei Neuenbürg (am Abhang des Sägkopfes gegen die Enz) ist der ewige (oder wilde) Jäger oftmals gesehen und gehört worden, gewöhnlich zu Fuß mit einem Hammer, der an einem ledernen Riemen hing. Mehrere Hunde liefen voraus und „bollen“, zuweilen auch nur einer, den er an einem langen Riemen führte. Er jagt auch wohl auf einem raschen Schimmel dahin und macht großen Lärm und ist kopflos. Er jagt vom Buhwald bis Herrenalb und lässt sich namentlich in dem wilden „Gaistale“ hören. Ferner jagt er im Enztale auf dem Berg Heimenhart und auf dem Eiberg zwischen Wildbad und Dobel, wo er die Menschen irre führt, Er hat hier ebenfalls einen Hammer und klopft damit im Walde, bald hier, bald dort. Dann ist er auch als „Schimmelreiter“ hier gesehen worden, indem er seinen eigenen Kopf unterm Arme trug. Man sagt, er habe einst im frechen Übermut in die Sonne geschossen und müsse deshalb umgehen.
Nach E. Meier